Manchmal käme es ihr vor, als gäbe es zwei unterschiedliche Museumswelten, konstatierte eine Museumskollegin: Die, in der „Spaß“ zum selbstverständlichen Bestandteil des Museumsprofils gehört, und die, in der eine Verbindung zum „Spaß“ entrüstet zurückgewiesen wird. Die einen fördern ihn, für die anderen ist er mit einer wissenschaftlichen Einrichtung nicht vereinbar.
Woher kommt dieser Gegensatz? Warum hadern manche Museumsmenschen mit dem „Spaß“, ignorieren ihn oder reagieren manchmal sogar mit heftiger Ablehnung darauf? Und was genau meinen wir eigentlich, wenn wir über „Spaß“ sprechen?
Das Wort „Spaß“ leitet sich her aus dem Italienischen von „Spasso“: Zerstreuung, Zeitvertreib, Vergnügen. Befragen wir den Duden, so finden sich zwei Bedeutungen: „ausgelassen-scherzhafte, lustige Äußerung, Handlung o. Ä., die auf Heiterkeit, Gelächter abzielt; Scherz“ und „Freude, Vergnügen, das man an einem bestimmten Tun hat“. Schon das Wort selbst ist also in seiner Bedeutung gespalten und sorgt für Missverständnisse.
Offenbar wird von manchen das Wort „Spaß“ eher in der erst genannten Bedeutung verstanden. Das Wort „Spaß“ ist in kulturellen Diskursen oftmals noch mit dem Verdikt von Konsum, Oberflächlichkeit und einem individualistischen Hedonismus behaftet, wie es in der kritischen Betrachtung der „Spaßgesellschaft“ aufschimmert. In Museumskreisen schwingt nicht zuletzt deshalb beim Gedanken an „Spaß“ oftmals die Befürchtung mit, die eigene Arbeit würde nicht ernst genug genommen, habe nicht ausreichend Tiefgang oder man könne sich darüber lustig machen.
Aber was, wenn wir uns stattdessen an der zweiten Bedeutung orientieren? Spaß als „Freude, Vergnügen, das man an einem bestimmten Tun“ hat. Man könnte diese Bedeutung im doppelten Sinn auf das Museum anwenden: Als Freude an der eigenen Arbeit und zugleich als Freude des Besuchers am Museum.
Dass „Spaß“ an einer Sache, neben „Interesse“ der Motivation zum Lernen und damit zum Bildungserfolg förderlich ist, ist in der Lerntheorie längst unumstritten. Dass außerdem Museumsbesuche, die Freude, Spaß und sozialen Austausch fördern, einen höheren Erlebniswert und damit nachhaltigeren Lernerfolg mit sich bringen können, sind Erkenntnisse, die Besucherforscher wie John H. Falk und Lynn D. Dierking in diversen Studien herausgearbeitet haben. In der kulturellen Bildung wie in der Vermittlungsarbeit ist „Spaß“ als Komponente deshalb oft am wenigsten strittig.
Doch auch in der Bildungsarbeit gibt es häufig noch Grenzen: Oft ist „Spaß“ als Komponente oder Unterziel nur in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen angedacht. Dabei wünschen sich auch viele Erwachsene Wissenszugänge, die Spaß machen. Wie sonst ist es zu erklären, dass man immer wieder von Erwachsenen hört, sie würden beim Audioguide die Kinderführung wählen, denn „die macht einfach mehr Spaß!“.
In ihrem Blog http://museumtwo.blogspot.de hat auch die amerikanische Museumsexpertin Nina Simon das Problem beim Einsatz von unterhaltenden Aspekten oder Humor im Museum klar benannt: Es könnte die Autorität untergraben. Eine Ausstellung könnte womöglich nicht ernsthaft genug erscheinen, die Vermittlung nicht kompetent genug. Doch es liegt an uns, selbstbewusst zu sein, die Vorzüge und Effekte von „Spaß“ zu kennen und auf unser Expertenwissen zu vertrauen.
Im Gegensatz zu alltäglichen Erfahrungen bleiben Erlebnisse und mit Spaß erworbenes Wissen im Gedächtnis. Wie also nun Spaß und Emotion im Museum und der Ausstellung ermöglichen? Wie so häufig, gibt es auch hierfür nicht das EINE Patentrezept. Eine gelungene Willkommensatmosphäre, spannende Ausstellungsdramaturgien, Fragestellungen, die zum Nachdenken anregen, Objekte, die an die Lebenswirklichkeit der Besucher anknüpfen, Konzepte, die Besucher zu Handlungen ermutigen und sich nicht im Hands-On erschöpfen, überraschende Interventionen, eine gemütliche Sitzecke zum Verweilen und zum Austausch, freundliche und hilfsbereite Mitarbeiter, … den Ideen für mehr Spaß im Museum sind keine Grenzen gesetzt.
Spaß, Unterhaltung, Freude oder auch Humor schaffen eine Verbindung, sie berühren Menschen und prägen Erlebnisse. Und sie öffnen viele Türen. Auch in der Museumsarbeit.
Berlin, Oktober 2016
Prof. Dr. Eckart Köhne,
Präsident, Deutscher Museumsbund e. V.