Ergebnisse: Jetzt aber wirklich! Partizipation in der Sammlungsarbeit.

Im Rahmen unserer Fachtagung haben wir Partizipation als strategische Herausforderung für Museen untersucht und dabei einen Fokus auf die Sammlung als Basis der Museumsarbeit gelegt. 

Partizipation und partizipative Angebote sind heute eine wichtige Voraussetzung für Museen, um echte Teilhabe zu ermöglichen und um von der Gesellschaft als attraktiv, glaubwürdig und relevant wahrgenommen zu werden. Doch noch immer gilt Partizipation vielfach als Zusatz zu den Kernaufgaben der Museen und wird häufig nur im Rahmen von einzelnen, zeitlich begrenzten Projekten realisiert. Für die erfolgreiche Umsetzung von Mitbestimmung und Teilhabe, müssen wir Partizipation ganzheitlich denken und dauerhaft im Museum verankern. Dies bedeutet, Partizipation muss Teil des Selbstverständnisses von Museen werden, sie muss mit den strategischen Zielen der Institution verknüpft werden und natürlich muss sich diese Aufgabe in der Budget- und Personalplanung widerspiegeln.  

Im Rahmen unserer Fachtagung am 22. November 2024, im Sprengel Museum Hannover, haben wir Partizipation als strategische Herausforderung für Museen untersucht und dabei einen Fokus auf die Sammlung als Basis der Museumsarbeit gelegt. Die Fachtagung fand damit an der Schnittstelle von zwei Agenda-Schwerpunkten des Deutschen Museumsbundes statt: Zeitgemäße Sammlungsarbeit und Attraktivere Museen. Mit unseren Agenda-Schwerpunkten setzen wir die strategische Richtung für unsere Arbeit und fokussieren auf Themen, die aus unserer Sicht für die Zukunft der Museen entscheidend sind.

Im Einführungsbeitrag gab Dr. Anja Piontek, Leiterin Kunst- und Kulturvermittlung / Museumspädagogik am Schlossmuseum Murnau, einen Überblick über den Begriff der Partizipation als Interaktion. Mit dem Ziel, eine soziale Beziehung aufzubauen oder zu vertiefen, skizzierte sie verschiedene Typen von Partizipation als unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit mit mehreren Abstufungen in Bezug auf die inhaltliche Einbindung der Partizipierenden. Als wichtigste Ziele nannte sie die Beseitigung von Deutungshierarchien, Selbstreflexion und Weiterentwicklung von Museen und Museumsteams. Gleichzeitig machte sie deutlich, dass Partizipation ein komplexer Prozess ist, der Transparenz, klare Richtlinien und Zeit für eine erfolgreiche Umsetzung benötigt. Der folgende Beitrag von Dr. Peter Henkel, Projektleiter am Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen, beleuchtete die Rolle der Partizipation beim Aufbau der Sammlung des entstehenden Museums und zeigte, wie partizipative Ansätze in die strategische Ausrichtung integriert werden. Dafür stellte Peter Henkel das MuseumsMobil vor, ein mobiles Museum, mit dem das Team des Hauses der Geschichte NRW das Bundesland bereist. Mit Hilfe des MuseumsMobil werden Objekte und Geschichten für die neue Sammlung des Museums erschlossen – dabei wird die Bevölkerung vor Ort jeweils aktiv mit eingebunden, wenn entschieden wird, welche Geschichte und welche Geschichten relevant und sammlungswürdig sind. Als Herausforderungen benannte Peter Henkel den Dokumentationsaufwand, den Wissenstransfer innerhalb des Museumsteams sowie das Erwartungsmanagement bei der Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort. Im Anschluss daran veranschaulichte Dr. Chantal Eschenfelder, Leitung Bildung & Vermittlung und Digitale Sammlung am Städel Museum und bei der Liebieghaus Skulpturensammlung, warum Partizipation für Museen im digitalen Raum so bedeutsam ist, wie diese gestaltet werden kann und welche Anforderungen dabei an Sammlungsdatenbanken gestellt werden. Sie machte deutlich, wie es mit Hilfe digitaler Zugänge gelingt, große Teile der sonst nicht öffentlich zugänglichen Sammlung zu aktivieren und an vielfältigen Berührungspunkten mit dem Publikum für die Vermittlungsarbeit zu nutzen. Abschließend präsentierte sie die Museumsdatenbank und verdeutlichte, wie wichtig es ist, bereits bei der Konzeption die Nutzung der Daten für die Vermittlungsarbeit – etwa durch eine passende Verschlagwortung – zu berücksichtigen. Am Nachmittag stellte Jasmin Mickein, Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an der Kunsthalle Bremen, die partizipative Arbeit der Kunsthalle vor. Anhand verschiedener Beispiele zeigte sie, wie strategische Ziele des Hauses mit partizipativen Prozessen gestärkt werden. Im Fokus standen dabei die Gestaltung von Inhalten für ein breiteres Publikum anhand von demokratisierten Erzählstrukturen, das Ansprechen von neuen, insbesondere jüngeren Zielgruppen sowie eine stärkere Bindung von Besucher:innen an das Haus durch aktive Teilhabe. Zuletzt ging Jasmin Mickein auf die verschiedenen kommunikativen Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit Expert:innengremien, Projektgruppen oder bei öffentlichen Aufrufen ein – etwa bei der Kommunikation in den Sozialen Netzwerken, im Kontakt mit der Presse oder bei der Anbindung an interne Kommunikationsprozesse. Im letzten Beitrag berichtete Carmen Simon, die Museumsleiterin am Regionalmuseum Chüechlihus im Emmental in der Schweiz, von einem mehrjährigen partizipativen Entsammlungsprojekt. Die Anwohner:innen konnten darüber abstimmen, welche Museumsobjekte entsammelt werden sollten. Zudem konnten sie Ideen für die Weiternutzung der Objekte einreichen, und auch die Abstimmung über die besten Vorschläge wurde gemeinsam mit den Menschen in der Region durchgeführt. Carmen Simon veranschaulichte, wie aus der mehrjährigen Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort dauerhafte Kontakte entstanden sind und wie sich diese wiederum auf die weitere Museumsarbeit, etwa bei der Konzeption von Ausstellungen bis heute auswirken. 

Partizipation ist heute unverzichtbar – nur durch Öffnung und die dauerhafte Einbindung vielfältiger Gemeinschaften können Museen langfristig als relevante und glaubwürdige Institutionen bestehen. Die aktive Zusammenarbeit mit Communities ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Zeit, Fachwissen und eine transparente Kommunikation über Ziele und Grenzen erfordert. Doch Partizipation zahlt sich aus: Museen begegnen ihren Nutzer:innen auf Augenhöhe und schaffen echte Teilhabe. Gleichzeitig gewinnen Institution und Mitarbeitende wertvolle Impulse jenseits eingefahrener Denkmuster, und die Bindung der Museen an ihre Communities wird nachhaltig gestärkt.

Zur Fachtagung lädt der Deutschen Museumsbund die Museumsämter und -verbände der Länder, ICOM Deutschland, das Institut für Museumsforschung, den Bundesverband Museumspädagogik sowie weitere Verbände und Netzwerke aus dem Museumssektor ein. Im vertrauten Kreis tauschen wir uns mit Expert:innen aus und entwickeln neue Ideen und Impulse im Dienst der Museen.