Seit den 1990er Jahren melden sich weltweit die von den Auswirkungen des Kolonialismus Betroffenen und seine Opfer verstärkt zu Wort. Im Jahr 2007 verabschiedete die UNO die Erklärung über die Rechte der indigenen Völker. Wenig später erreichte die Debatte Deutschland, und zwar vor allem mit Forderungen an die ethnologischen Museen, sich ihrer kolonialen Vergangenheit zu stellen. Diese Diskussion hat nicht nur die deutschen Museen vielfach unvorbereitet getroffen.
Aus Sicht des Deutschen Museumsbundes ist eine Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit von Museen und ihren Sammlungen unverzichtbar. Eine Vielzahl musealer Sammlungen in Deutschland ist zwischen dem 17. und dem frühen 20. Jahrhundert entstanden. „Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ betrifft damit nicht nur die ethnologischen Museen, sondern alle Museumsgattungen. Um die Sensibilisierung der betroffenen Institutionen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und die Bereitstellung von Hilfsmitteln für die Praxis zu ermöglichen, wurde der Leitfaden zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten erarbeitet. Die vorliegende zweite Fassung, die von Experten im Auftrag des deutschen Museumsbundes erarbeitet wurde, legt u. a. einen Schwerpunkt auf eine stärkere Sensibilisierung für nicht-europäische Perspektiven. So beinhaltet der Leitfaden Beiträge von internationalen Experten und greift die Ergebnisse eines internen Workshops mit Museumsfachleuten aus 11 unterschiedlichen Herkunftsgesellschaften auf. Die Publikation bietet den Deutschen Museen und Sammlungen eine praktische Arbeitshilfe für den Umgang mit Objekten aus kolonialen Kontexten und die Zusammenarbeit mit Herkunftsgesellschaften – seien es Wissensaustausch, gemeinsame Projekte oder Rückgaben. Der Leitfaden steht auch in englischer und französischer Sprache zur Verfügung.
Einen besonders sensiblen Umgang erfordern menschliche Überresten in Museen und Sammlungen. Bereits seit den 1990er Jahren wird international verstärkt eine Diskussion über den Umgang geführt. Ausgangspunkt waren zunehmende Forderungen, menschliche Überreste, meist außereuropäischen Ursprungs, zurückzugeben. Vielfach treffen dabei unterschiedliche Wertesysteme und Weltanschauungen aufeinander. Vor diesem Hintergrund und einer wachsenden Sensibilität bei Sammlungsverantwortlichen und in der Öffentlichkeit hat eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe des Deutschen Museumsbundes bereits 2013 Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen veröffentlicht.